Alte Kapelle

Aus der Geschichte der Alten Kapelle

Ein kunsthistorisches Kleinod besitzen wir Laatzener in unserer Alten Kapelle. Sie ist die älteste südlichste Vertreterin der Backsteingotik. Alle übrigen Kirchen in unserem Bereich zeigen Bruchsteinmauerwerk, Fachwerk oder Holz als Baustoff.
Urkundlich wurde die Kapelle erstmals am 13. Januar 1325 erwähnt (Marienroder Urkundenbuch Nr. 255 - nicht Nr. 225, wie gelegentlich zitiert). 1392 wurde sie in das Kirchspiel Döhren eingepfarrt, mit dessen Geschichte sie bis in unser Jahrhundert verbunden blieb.
In der Reformationszeit verloren viele Kapellen ihre Bedeutung. Sie verfielen, da die Gelder fehlten, die zur Erhaltung notwendig gewesen wären. Diesem Geschick entging jedoch die Kapelle in Laatzen. Sie besaß eine ausreichende Begüterung. Die Verwaltung des Kapellengutes oblag dem Ortsgeistlichen, der von zwei Kapellenjuraten, d. h. Geschworenen, darin unterstützt wurde. Sie waren die Gemeindeältesten. Außer der Verwaltung hatten sie gottesdienstliche Aufgaben.
Wichtiger als Verwaltung sind Dienst und Leben der Gemeinde. Hilfe leistete z. B. die Gemeinde, als eine Feuersbrunst 1792 die Häuser rund um die Kapelle niederbrannte. Die Kapelle selbst blieb unversehrt. Die von Pastor Reinbold gestartete Hilfsaktion erbrachte Spenden im Werte von 87 Louisdor zu Gunsten der Abgebrannten.
Der Zweite Weltkrieg verschonte auch unsere Kapelle nicht. Bei einem Luftangriff am 22. September 1943 brannte sie bis auf die Grundmauern nieder. Der Wiederaufbau begann im Jahre 1953, am 21. März 1954 wurde die Kapelle von Landessuperintendent Laasch neu geweiht.
Man hat damals die Kapelle äußerlich fast wieder so aufgebaut, wie sie vor der Zerstörung war. Die gleichen Ziegelformen wurden dabei verwendet, die Firsthöhe blieb dieselbe, nur an den Fenstern und am Dachreiter gab es Veränderungen. Innen ist jedoch manches Neue entstanden. So ist z. B. anstelle der flachen Holzdecke ein höher gelegenes Holztonnengewölbe getreten. Die Empore, die früher auch ein Stück an der Nordseite entlang führte, befindet sich jetzt lediglich an der Westseite.
Trotz Wiederaufbau blieben der Kirchengemeinde weitere größere Renovierungsarbeiten nicht erspart. So mussten die Grundmauern im Jahr 1962 und 1968 trockengelegt werden, um die Kapelle vor einer Zerstörung durch Nässe zu bewahren. In den Jahren 1966-1968 wurde darüber hinaus der Innenraum, vor allem im Altarbereich, neu gestaltet. An die Stelle des alten hölzernen trat ein neuer gemauerter Altar.
(Dieter Sasse)
(Das Foto zeigt Pastor Preuß ca. 1960 vor der Alten Kapelle.)

Ein Kleinod in den Turbulenzen der Zeit:

Die Alte Kapelle in Laatzen
Sie hat viel erlebt, diese kleine Kirche, die 1325 erstmals erwähnt wurde und die wir in Alt-Laatzen als „Alte Kapelle“ bezeichnen. Der aus dem Lateinischen stammende Begriff capella bezeichnet eine kleine Räumlichkeit zum Zwecke einer Andacht oder eines Gottesdienstes. Zeitlich gesehen hat jedoch die St. Gertruden-Kirche in Gleidingen einige Jahrzehnte Vorsprung. Nach allem, was wir wissen, ist diese bereits Ende des 13. Jahrhunderts entstanden. Abseits dieser zeitlichen Differenz unterscheiden die beiden Gotteshäuser vor allem zwei Gegebenheiten: Der Bau in Gleidingen wird zum Zeitpunkt seiner Entstehung als „romanischer Bruchsteinsaal“ beschrieben, der erst 1820/21 klassizistisch umgestaltet wurde. Die Alt-Laatzener Kapelle dagegen ist noch heute unschwer als ein „gotischer Backsteinbau“ zu erkennen, der in seiner äußeren Struktur nicht verändert wurde. Darüber hinaus gehörte die Gleidinger Pfarrgemeinde dem Bistum Hildesheim und die Alt-Laatzener dem Bistum Minden an und ist bereits im 14. Jahrhundert nach Döhren eingepfarrt worden. Erst 1927 erhielten die Laatzener eine eigene Pfarrstelle, die vierte Döhrener. 1952 bildeten sie eine selbständige Kapellengemeinde.

Die Entstehungsgeschichte der Alten Kapelle belegt, dass die Menschen zwischen Leine und Kronsberg vor 700 Jahren nach einer Räumlichkeit verlangten, in welcher sie alle Höhen und Tiefen ihres Lebens als Christen gemeinsam begehen konnten. Die Spannweite der Ereignisse umfasste ihr Leben: Tod und Geburt, Missernten und Pest, genauso wie Krieg und Frieden. Dabei waren diese Alt-Laatzener beileibe nicht die ersten Siedler. Archäologische Funde, wie z.B. Grabbeigaben und Münzen, beweisen, dass eine Besiedlung des Laatzener und Grasdorfer Gebietes bereits in der Jungsteinzeit, also vor etwa 10.000 Jahren, begann.

Als mit dem Bau der Alten Kapelle begonnen wurde, lag die Zeit der Altsachsen, die Karl der Große Ende des 8. Jahrhunderts besiegt und damit die Christianisierung Norddeutschlands eingeleitet hatte, bereits ein halbes Jahrtausend zurück. Die Ottonen und Billunger waren ausgestorben und auch die Turbulenzen um Heinrich den Löwen, dem 1180 die beiden Herzogtümer Sachsen und Bayern entzogen wurden, waren Geschichte. Der Stauferkaiser Friedrich II. hatte 1235 mit der Gründung des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg und der Verleihung der Herzogswürde an den Enkel Heinrichs des Löwen, Otto das Kind, seinen Frieden mit den Welfen gemacht. Zum Zeitpunkt der Errichtung der Alten Kapelle war am Rad der welfischen Landesteilungen bereits kräftig gedreht worden. Die Stadt Hannover hatte 1241 seine alten Stadtrechte vom neuen Welfenherzog bestätigt bekommen.

Die Laatzener Kapellengemeinde finanzierte sich aus der Verpachtung von zwei Morgen Land. Bei größeren Reparaturen mussten alle Gemeindemitglieder helfen. Die Reformation erreichte 1529 auch Laatzen. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Kapelle zerstört und musste repariert werde. Den schwersten Schlag musste der Bau im Zweiten Weltkrieg hinnehmen, als er durch eine Brandbombe bis auf die Grundmauern abbrannte. Taufstein und Glocke konnten nicht gerettet werden. Lediglich das Kruzifix, die Masken an den Traufsteinen des Ostgiebels und die Köpfe an den Kragsteinen der Südtür konnten vor den Flammen gerettet werden.

Ab 1953 wurde die Kapelle wiederaufgebaut. Die flache Holzdecke wurde durch ein Tonnengewölbe ersetzt und auf die Empore auf der Nordseite wurde verzichtet. Am 21. März 1954 wurde der Bau wieder eingeweiht. Die jetzige Restauration ist wegen der Feuchtigkeit in den Wänden dringend notwendig. Die Kosten werden durch die eigene Gemeinde, die Landeskirche und die Klosterkammer Hannover getragen. Auf diese Weise wird ein Kleinod wieder seiner alten Bestimmung zugeführt.       

Landtagspräsident a.D. Jürgen Gansäuer

(Das Foto zeigt die Ruine der Alten Kapelle ca. 1952)

Der Altarraum bis zur Renovierung 2019/2020

Die liturgischen Geräte des Altarraumes wurden in den Jahren 1969-1973 durch den hannoverschen Bildhauer Siegfried Zimmermann geschaffen. Sie konnten dank zahlreicher Spenden angeschafft werden. Zimmermann schreibt zu seinen Arbeiten:
„Eine möglichst sinnvolle Einheit von Form, Funktion und Bedeutung ist mir bei der Gestaltung von Geräten für den Gottesdienst wichtigstes Gebot.
Bei dem Altarkreuz kam es mir darauf an, nicht nur ein Zeichen für die Marter Christi zu setzen, sondern auch die Überwindung des Kreuzes anzudeuten. Das ist der Sinn der knapp erhabenen, in der Materialoberfläche hervorgehobenen Strahlenbündel, die vom Zentrum aus in die Kreuzbalken verlaufen. Eine Variation dieser Thematik stellen die Leuchter dar. Hier steht auf einem Kreuzfuß die runde Schale mit der Kerze, Karfreitag und Ostern.
In der Taufschale ist ebenfalls das Kreuzmotiv aufgenommen. Die Kreuzbalken sind Stütze und gleichzeitig Griff für die Schale.
In der Reliefdarstellung am Lesepult wird der quadratische Grundriss des Taufsteins wieder aufgenommen. Die Struktur des Reliefgrundes korrespondiert mit den Strahlenbündeln des Kreuzes. Die drei Flammen sind Hinweis auf die Trinität, aber auch auf Achtsamkeit und Tätigsein im Glauben.
An der schmalen Stirnleiste des Pultes sind Knospenformen dargestellt. Sie sollen Zeichen sein für Auferstehung und neuen Beginn.
Die Alte Kapelle dient bei Taufen, Trauungen, Goldenen Hochzeiten, Gottesdiensten am Wochenschluss und aus besonderem Anlass, auch bei Abendmusiken, wie seit Generationen der Gemeinde, die ihr altes Gotteshaus neben der neuen Kirche nicht missen möchte.

Wie geht es weiter mit der Alten Kapelle?

Die Landeskirche will, dass ein Förderverein gegründet wird: Der Förderverein soll die Kapelle pflegen. Bevor dieser Verein nicht gegründet ist, will die Landeskirche kein Geld für die Restaurierung der Alten Kapelle freigeben.
Lesen Sie den Bericht der Leine-Nachrichten vom 07.01.2019 -  hier klicken
Inzwischen hat sich der Kirchenvorstand mit dem Thema beschäftigt. KV-Mitglied Peter Wilhelm schreibt dazu:

Sanierungsaufgaben der „Alten Kapelle“ der Immanuel Kirche in Alt Laatzen 
Was du ererbt von deinen Vätern hast,
Erwirb es, um es zu besitzen.
Was man nicht nützt, ist eine schwere Last,
nur was der Augenblick erschafft, das kann er nützen.
Wolfgang von Goethe

Seit Ersterwähnung der Kapelle in Laatzen sind jetzt 693 Jahre vergangen und die jetzt erforderliche Renovierung ist nicht die erste in den vergangenen Jahrhunderten und wird auch nicht die letzte in den folgenden Jahrzehnten sein. Wir, der Kirchenvorstand der Immanuel Kirche in Alt-Laatzen, nehmen den im Jahre 2017 eingetretenen Wasserschaden im Gemäuer zum Anlass, eine erneute Renovierung in Angriff zu nehmen. Für die Mitglieder unserer Gemeinde wird es nicht uninteressant sein, welche Schritte zur Renovierung erforderlich sind.

1. Fangen wir außen an, die Verfugung der Sandsteinsockel ist stark beschädigt und muss ausgebessert werden.
2. Die Verfugung der Boden-Natursteinfliesen im Innenraum müssen ausgebessert werden:
3. Die Bestuhlung muss vor Verschmutzung geschützt werden, wir wollen in Eigenleistung die Stühle in die Mitte der Alten Kapelle stapeln und mit einer Plane überdecken.
4. Demontage des feststehenden Backsteinaltars und des Taufbeckens und Austausch in bewegliche Prinzipalen aus Holz, damit die Kapelle auch für Konzerte und Ähnliches genutzt werden kann.
5. Im gesamten Innenraum sind durch die Wasserschäden unansehnliche Salz-Austretungen an den Wänden zu sehen. Diese müssen auf einer Höhe bis zu 1,50 m entfernt werden.
6. Elektrifizierung der Alten Kapelle nach den neuen Erfordernissen: Schaltschrank neu konzipieren und Starkstromzähler entfernen, Schuko Stecker für Fußleistenheizung und neue Orgel nach vorliegender Zeichnung montieren.
7. Montage von Innen- und Außensensoren für die spätere Neuinstallation von automatischen Fenster-Entlüftungssystemen.
8. Die vorhandenen Nachtspeicherheizungen müssen aus wirtschaftlichen Erwägungen entsorgt werden,
9.Mit einem Stromlieferanten muss ein neuer Vertrag ausgehandelt werden.
10. Für Heizung in den Wintermonaten und zur Austrocknung des Gemäuers wird eine Fußleistenheizung installiert. Nach der Erstinstallation der Sockelheizung wird eine Wandfeuchte-Kontrolle durchgeführt.
11. Zur Austrocknung der Wände müssen die Fußleisten-Heizungen 3 – 4 Wochen Tag und Nacht Wärmeleistung erbringen. Vor, während und nach der Austrocknung müssen Messungen der Mauerfeuchte durchgeführt werden.
12. Nach Messergebnis „Wände trocken“  werden die Fußleistenheizungen deinstalliert.
13. Zur Verhinderung weiterer Salz-Austretungen werden die Innenwände auf einer Höhe von ca. 1,50 m mit einem 20 – 25 mm dickem Spezialputz versehen.
14. Ein Malerfachbetrieb muss jetzt den Sockel mit mineralischer Farbe, sogenannter Renovier-Farbe, bearbeiten.
15.Nach den Putz- und Malerarbeiten werden die Fußleistenheizungen wieder installiert.
16. Eine Reinigungsfirma muss die gesamte Kapelle grundreinigen.
17. Nach all diesen Renovierungsarbeiten wollen wir die renovierte Kapelle mit einem Gottesdienst einweihen.
18..Die auf der Empore stehende durch Schimmelbefall unbrauchbare Orgel muss von einer Spezialfirma entsorgt werden, die neue Orgel soll für unsere Belange eingerichtet werden, aber dieses ist ein anderes Kapitel.

Peter Wilhelm
KV und Mitglied des Bauausschusses

Lesen Sie auch den Bericht der Leine-Nachrichten vom 02.08.2019.